From the Bavarian Highlands, op. 27


1893 hatte Elgar seine romantische Chorballade „The Black Knight“ fertiggestellt und erfolgreich zur Erstaufführung gebracht, 1894 schrieb er einige Lieder, erstellte ein Arrangement des „Karfreitagszaubers“ aus Wagners „Parsifal“ und komponierte das kurze „Sursum corda“ für Streicher und Harfe. Der künstlerische Leiter des North Staffordshire Music Festival, Dr. Charles Swinnerton Heap, hatte ihn zudem eingeladen für das 1896 neuerlich stattfindende Festival ein abendfüllendes Chorwerk zu komponieren. Indes hatte Elgar dafür zunächst noch keinen interessanten Stoff parat. Und eine Einladung war ja auch noch kein Kompositionsauftrag. Also wandte sich Elgar zunächst einer Idee zu, die ihm von seiner Frau Alice nahegelegt worden war, um die kreativ Zwangspause zu überbrücken.


Sie ging die Dinge pragmatisch an. Bevor nicht klar war, was für das besagte Festival komponiert werden konnte und ob es überhaupt zu einer offiziellen Beauftragung kommen würde, wäre es – so ihr Vorschlag – doch sinnvoll, ein paar Partsongs zu komponieren und durch deren Druck etwas Geld zu verdienen. Schließlich habe das Verlagshaus Novello bereits in der Vergangenheit seine Chorsätze veröffentlicht. Sie selbst würde die Texte verfassen. Das Thema: Volkstümliche Szenen aus dem Bayerischen Oberland. Die Elgars waren in den Jahren 1892, 1893 und 1894 im Königreich Bayern Urlaub gewesen. Sie hatten in Bayreuth am Grab Wagners gestanden, hatten im Festspielhaus seine Opern gehört, in Nürnberg das Dürerhaus gesehen, die kulturellen Höhepunkte Münchens eingesogen und waren in den Alpen gewesen. In Garmisch hatte es ihnen ganz besonders gut gefallen. Elgar griff diese Idee gerne auf. 


Im Tagebuch der Elgars findet sich am 15. Februar 1895 dann der erste Hinweis auf den Beginn der Arbeit. Alice notierte: „Sehr kalt. E.[dward] blieb zu Hause & schrieb an seinen Bairischen Partsongs.“ Gemeinsam erarbeiteten sie die Texte, und zwar immer auch darauf bedacht, dass sie gut zu singen waren. Das Werk sollte einen volksliedhaften Charakter imitieren. Dementsprechend findet sich auf dem Deckblatt der Partitur dann auch der Verweis: „The words imitated from Bavarian Volkslieder and Schnadahüpfler.“ Die Musik aber ist ausschließlich von mir“, teilte Elgar dem Verlagshaus Novello zudem unimissverständlich mit, als er das Manuskript des letzten Liedes dort abgab. Novello verlegte die insgesamt sechs Lieder dann übrigens nicht, weil man sie für schlecht verkäuflich hielt. Stattdessen nahm sich das Verlagshaus John Williams, der direkte Nachbar von Novello, der Lieder an. Im Dezember kündigte Elgar die Publikation der Lieder seinem Freund William Wolstenholme in einem Brief an und bezeichnet sie dort als seine „Bayerischen Späße“. Von Ende Februar 1896 bis in den März orchestrierte er die Lieder (Alice im Tagebuch: „E. orchestrating Bavarians.“), am 21. April 1896 fand die Erstaufführung in Worcester statt. Alice notiert: „Erste Aufführung der lieben Bayern. Große Begeisterung.“


Drei der Lieder hat Elgar im selben Jahr ausgegliedert und zu einer kleinen Orchestersuite mit dem Titel "Bavarian Dances" zusammengestellt. Diese wurde erstmals am 23.10.1897 unter der Leitung von August Manns im Londoner Crystal Palace aufgeführt.